Monat: Januar 2018

Daniel Glattauer, Ewig Dein

Ewig Dein

Deuticke Verlag, 2012, ISBN 9783552061811, 17,90 €

Das Buch ist noch nicht so alt, aber in der heutigen Zeit ist gestern schon uralt, deswegen stelle ich hier eine „olle Kamelle“ vor, die das immer gleiche alte und immer wieder neue Thema zum Thema hat.

Daniel Glattauer, der österreichische Meister der Kurzprosa und des sehr spannenden kleinen Unterhaltungsromans „Gut gegen Nordwind“, der es bereits auf diverse Theaterbühnen in Deutschland (in Berlin mit Tatortkommissar Oliver Mommsen u.a.) geschafft hat, veröffentlichte jetzt den neuen Roman „Ewig Dein“. Dem Titel  nach erinnert er an Romane von Hera Lind oder Kerstin Gier u.ä. Kaliber. Es beginnt auch fast so: Ein junger Mann verursacht in einer Kaufhalle einen Auffahrunfall mit seinem Einkaufswagen in die Hacken und die Rückfront einer jungen Frau. Hannes, der junge Mann, der Judith wortreich um Entschuldigung bittet, laviert  sich in der weiteren Handlung immer mehr in das Leben der jungen Frau. Er weiß, wo sie zu finden  ist, schickt ihr  jeden Tag Blumen in ihre kleine Lampenboutique, die sie mit Bianca, ihrer Azubi, leitet. Er sendet ihr mehrfach am Tag eine SMS. Hannes  taucht immer öfter mit Rosen in ihrer Boutique auf, „völlig harmlos“.  Etwas zu aufdringlich kommt es einem ja vor. Irgendwann kommt es auch zu Intimkontakt und Bianca merkt, wie er sie die ganze Nacht überwacht hat. Erste Kontakte mit den Freunden, die er schnell für sich gewinnt durch sein charmantes Äußeres und seine netten Plaudereien. Auch die ersten Kontakte mit ihrer Familie laufen hervorragend. Sie merkt – vielleicht unbewußt – , wie er immer enger sein Spinnennetz um sie webt und langsam zuzieht. Hannes mischt sich immer stärker in familiäre Belange ein. Er gibt ihrem Bruder Arbeit. Dieser soll in seinem Auftrag österreichische Apotheken fotografieren. Als ausgebildeter Fotograf ohne aktuellen Job nimmt er diese Aufgabe gerne an, zumal er gerade Vater wird. Hannes fährt mit ihr in die Stadt der Verliebten: Venedig. Als Architekt kennt er jede der 426 Brücken und weiß zu jeder die Geschichte und den Erbauer und erwartet stets, ein bewunderndes „Tatsächlich“ und „Aaa“. Nach dieser Reise merkt Judith, wie sein Gift sich in ihr breitmacht und sie erklärt ihm, dass sie sich von ihm trennen muß. Ab sofort beginnt ein Feuerwerk, um sie wieder zurückzugewinnen. Blumen, SMS, Briefe, die seine Schuld zugeben, aufdringlich gewesen zu sein. Sie fühlt sich bedroht, denn sie findet in ihrer Wohnung Spuren, die vorher nicht da waren. Er organisiert Familienzusammenkünfte und führt ihre getrennt lebenden Eltern wieder zusammen. Nach einer weiteren Aussprache mit ihm, von dem sie sich nun endgültig lossagt, zieht er sich zurück, meldet sich nicht mehr und Zweifel werden in ihr wach, sie wird unsicher und sucht nach ihm und ihre Seele zermürbt. Judith bekommt Halluzinationen, kommt kaum noch in die Boutique, die inzwischen von Bianca allein geführt wird, welche dennoch gute Geschäftserfolge erzielt und feststellt, dass die „Chefin Scheiße aussieht“. Und Judith, die in ihr eine Freundin findet, erzählt ihr von Hannes und seinen Klammerversuchen. Bianca bietet ihr an, mit ihrem Freund Basti, Hannes auszukundschaften. Und in Judiths Nächten wirkt das Gift. Sie schläft nicht mehr, pflegt sich nicht mehr, kommt kaum noch zur Arbeit, und eines Tages wacht sie in der Nervenklinik auf, in der sie sich im Lauf der Handlung immer öfter wiederfindet. Im Hintergrund spionieren Basti und Bianca und werden fündig. Auch Hannes, der immer noch seine Krakenarme um Judith schlingt, ist nicht untätig. Er mietet Judiths Nachbarwohnung, damit „wir uns nicht gegenseitig auf den Füßen stehen müssen“, verkündet er der eingeladenen Familie Judiths. Und Judith, die langsam wieder Land sieht, präsentiert ihre eingeladenen Gäste: …

Hier will ich aufhören, eine Überraschung muß noch bleiben, denn der Roman ist wunderbar linear erzählt und kommt ohne Wertungen und Nebenhandlungen aus. Der Leser sitzt quasi neben Judith, der sehr zielstrebigen jungen Kleinunternehmerin, die von der Persönlichkeit Hannes gefangen wird und um ein Haar  den Boden verliert. Trotz der minimalistischen Handlung wird der Leser durch die sehr geschickt eingesetzte Erzählweise gefangen und liest mit Spannung das Buch in einem Rutsch durch.